Die Frage nach dem schnellsten Reifen: Clincher, Tubeless oder Tubular

Während man bei der Formel 1 die Reifen je nach Wetterlage ändern kann, gibt es diese Möglichkeit beim Triathlon nicht. Umso wichtiger ist natürlich die Frage, mit welchem Reifen man am schnellsten unterwegs ist. Beim Radfahren unterscheidet man zwischen Clincher, Tubeless und Tubular. In diesem Artikel findest du einen Überblick wie sich diese Systeme im Aufbau unterscheiden, was ihr jeweiliger Rollwiderstand ist, wie pannensicher sie sind, was allgemeine Vor- und Nachteile darstellen und wie es mit der Geschwindigkeit aussieht.

Die Reifentypen

Der Clincher (auch Draht- bzw. Faltreifen genannt) ist das System, welches den meisten ein Begriff sein dürfte. Bei diesem klassischen Reifen wird der Mantel mit einer Wulst am Felgenhorn eingehängt. Der Schlauch befindet sich zwischen Reifen und Felge und hält über seinen Luftdruck den Reifen in Form.

Beim Tubular-System (auch Schlauchreifen genannt) besitzt die Felge kein Horn. Der Schlauch wird mit dem Reifen zusammengenäht und dann gemeinsam in ein halbrundes Felgenbett geklebt.

Das neueste der drei Systeme nennt sich Tubeless. Es ist ähnlicher zum Clincher als zum Tubular, da auch hier der Reifen mit einer Wulst am Felgenhorn eingehängt wird. Allerdings gibt es hier keinen Schlauch, da der Reifen selbst die Luft enthält. Die Felge wird in der Regel dann mit speziellem Felgenband abgedichtet, damit die Luft nicht entweicht. Das Ventil sitzt hier meist am Felgenband, oder ist separat an der Felge befestigt. Theoretisch kann jeder Clincher zum Tubeless umgebaut werden, allerdings ist eine “Tubeless ready”-Felge besser.

Aufbau

Allgemein kann man sagen, dass die Karkasse das Grundgerüst jedes Reifens ist. Diese hat Einfluss auf fast alle wichtigen Eigenschaften zur Performance und besteht bei vielen Reifen aus Nylon, wobei einige Spitzen-Reifen oft Baumwoll- oder Seiden-Karkasse verbauen. Die Gewebedichte der Karkassenlage wird in TPI (Threads per inch) angegeben und je feiner und dichter das Gewebe, desto höher die TPI-Zahl. Ein Vorteil eines hohen TPI ist, dass das Gewebe flexibler ist und dadurch Unebenheiten im Fahrbahnbelag leichter ausgleichen kann. Das kommt dem Rollwiderstand und der Traktion zugute und verbessert dadurch die Fahrqualität.

Unterschiede der Karkasse

Die 320 TPI Baumwoll-Karkasse (z.B. von Veloflex, Bontrager, Specialized, …) bieten ein hervorragendes Fahrgefühl. Seidenkarkasse (z.B. FMB, Challenge, …) werden aufgrund ihres erstklassigen Grips häufig bei Cyclocross Rennen verwendet. Aber auch Nylon-Karkasse haben ihre Daseins Berechtigung, da aufgrund ihrer großen Robustheit, weswegen es auch bei “nur” 120 TPI durchaus hochwertige Modelle gibt. Allerdings muss man beim Kauf darauf achten, dass bspw. Continental ihren Grand Prix TT mit 330 TPI bewirbt, diese Zahl aber von einer Stapelung von 3 Lagen 110 TPI Karkassen erreicht.

Aufbau der unterschiedlichen Systeme

Beim Clincher sitzt am äußeren Ende der Karkasse eine Wulst bestehend aus einem Draht- oder Kevlar-Ring. Kevlar ist faltbar und leichter, weswegen es bei den hochwertigen Reifen Verwendung findet. Für das Fahrgefühl besitzt das Wulst-Material aber keine Relevanz.

Beim Tubular verläuft die Karkasse komplett um den Schlauch, da dieser darin eingenäht wird. Geschützt wird die Konstruktion durch ein Nahtschutzband.

Pannenschutzlage

Zwischen der Karkasse und der Gummilauffläche liegt eine Pannenschutzlage, welche die Penetration des Schlauchs durch Stiche oder Schnitte verhindern soll. Versucht man bspw. mit einem Nagel den Reifen zu durchdringen wird ein Widerstand spürbar, der das Eindringen erschwert. Allerdings ist auch diese Schutzschicht nicht undurchdringbar. Fast jeder gute Rennradreifen besitzt diese Pannenschutzlage, außer einige reine TT Reifen.

Gummilauffläche

Die Gummimischung und das Profil sind entscheidend für Traktion und in Verbindung mit der Karkasse auch für den Rollwiderstand. Auch für die Laufleistung ist die Gummischicht essentiell, da eine dickere Schicht einen höheren Rollwiderstand mit sich bringt. Mittlerweile sind auch Compounds eine Option, bei denen die Lauffläche eine harte Mischung besitzt, die nach außen hin von einer weicheren ersetzt wird, um guten Kurvengrip zu garantieren. Verschiedene Hersteller geben ihren Mischungen immer tolle Namen, der eigentliche Unterschiede ist am Ende jedoch nur gering. Deswegen sollte man hier einfach verschiedene Modelle ausprobieren und sich selbst eine Meinung bilden.

Rollwiderstand

Dieser resultiert aus Walken des Reifens. Der Kontaktpunkt zur Straße ist nicht rund sondern leicht geplättet und da diese Stelle Überwunden werden muss, entsteht ein Widerstand, welcher von den Herstellern so gering wie möglich gehalten werden will. Auch der Schlauch kann walken, weswegen auch dieser einen Einfluss auf den Rollwiderstand hat. Dieser kann zwar durch einen höheren Luftdruck reduziert aber nicht komplett eliminiert werden. Externe Faktoren, wie die Straßenbedingungen sind auch zu berücksichtigen, da diese meist nicht glatt, sondern relativ rau ist, weswegen sich der Reifen daran anpassen muss. Würde er das nicht tun, hätte man ein sehr hölzernes Fahrgefühl. Das ist besonders beim MTB zu beobachten, da technische Trails mit zu hohem Luftdruck nur schwer zu bewältigen sind. Eine hochwertige Karkasse kann helfen, da sich diese besser an unterschiedlichen Terrain anpassen kann. Auch ein breiterer Reifen hilft, bei gleichem Luftdruck (aber auch nur dann), da er die Kraft auf eine größere Fläche verteilt und so das Walken verringert. Aber dafür nimmt man aufgrund einer verschlechterten Aerodynamik wieder anderweitig mehr Widerstand in Kauf.

Pannenschutz

Obwohl eine Panne bei einer Strecke von 180 km und einem gesunden und anfangs intakten Reifen sehr unwahrscheinlich ist, stellt Pannenschutz oft ein besonderes Anliegen dar. Allerdings schützt der beste Pannenschutzreifen nichts, wenn eine Scherbe, Nagel oder Stein ungünstig auf der Strecke liegen. Der größte Unterschied ist eher, dass Wettkampfreifen nach ca. 1000 km nicht mehr zu gebrauchen sind, während andere Trainingsreifen noch länger halten. Im Wettkampf ist das also eine individuelle Entscheidung. Jan Frodeno benutzte beispielsweise in der Saison 2014 einen Specialized-Reifen (damals einer der schnellsten der Welt), welcher auch beim 24h Weltrekord von Christoph Strasser, der WM im Zeitfahren und bei der Challenge Dubai 2015 für den besten Bike-Split durch Martin Jensen Einsatz fand. Nach Frodenos Defekten in Frankfurt und Kona gab es allerdings genug “Experten”, die sagten er solle doch einfach privat (Specialized war Frodenos damaliger Sponsor) einen Satz Contis kaufen. Sicherheit gibt es allerdings wie anfangs gesagt, bei keinem Reifen zu 100% da man externe Faktoren nie ausschließen kann.

Vor- und Nachteile

Clincher: Der größte Vorteil ist hier die Einfachheit. Schlauchwechsel und anderweitige Defekte sind schnell behoben und es gibt eine große Auswahl an Ersatzteilen. Der Nachteil ist, dass die Reparatur zwar leicht aber lang ist. Auch besitzt der Clincher eine generell höhere Defektanfälligkeit und beim Schlauchwechsel muss man immer Reifen und Felgenband auf korrekten Sitz und Fremdkörper untersuchen, da ansonsten schnell ein neuer Defekt auftreten kann.

Tubular: Aufgrund des fehlenden Felgenhorns ist die Tubular Felge deutlich leichter und stabiler. Auch die Defektanfälligkeit ist geringer als beim Clincher und als einziges Reifensystem besitzt es eine passable Notlaufeigenschaft die ein paar Kilometer auf platten Reifen ermöglichen. Auch der Wechsel ist schneller, da man den alten Reifen leicht von der Felge entfernen kann und beim neuen Zeit beim Aufpumpen spart, da geringer Luftdruck bereits ausreicht. Allerdings ist der Ersatzreifen nicht voll belastbar, da er nicht verklebt ist, weswegen hohes Kurventempo nicht möglich ist. Auch das Kleben an sich ist aufwendig und Erfahrung ist von Vorteil, aber Klebebänder wie die von Tufo oder Velox machen es leichter. Im Profi Radsport findet man hauptsächlich Tubular-Systeme.

Tubeless:

Da es keinen Schlauch gibt, kann dieser auch nicht Walken, was sowohl den Rollwiderstand als auch die Pannenanfälligkeit senkt. Latex Milch im Reifen dichtet außerdem kleinere Problemstellen sofort wieder ab und bei einem Defekt kann man einfach einen Schlauch in den Reifen legen und weiterfahren. Allerdings kann die Montage ein Problem sein da Reifen und Felge absolut dicht sein müssen und man teilweise auch einen Kompressor benötigt um den nötigen Reifendruck herzustellen. Auch die Auswahl ist recht gering, aber das kann sich vielleicht bald ändern, da der geringe Rollwiderstand und die Pannensicherheit dieses System bald zum System der Zukunft machen könnten.

Geschwindigkeit

Kommen wir jetzt zum Punkt, auf den die meisten gewartet haben - die Geschwindigkeit. Die Antwort ist hier aber leider nicht eindeutig, da nicht nur der Typ, sondern alle Reifenmodelle unterschiedlich sind. Auch die Tests sind nicht umfangreich genug und finden meistens in Laboren statt. Continental behauptet zwar, dass Clincher schneller seien als Tubular, was bei ihren Modellen auch stimmt, aber andere Hersteller verweisen bei ihren schnellsten Reifen auf Tubular-Varianten. Insgesamt wird aber der Clincher häufig als schnellster Reifen betitelt (was aber auch der größeren Auswahl und Nachfrage geschuldet sein kann).

 

Schwerer direkter Vergleich

Aufbau und Karkasse können sich selbst bei den gleichen Systemen sehr stark unterscheiden. Tubeless werden auch häufig als Allrounder entwickelt und sind deswegen langsamer als auf Geschwindigkeit ausgelegte und verkaufsstarke Clincher. Aber Latex-Schläuche sind deutlich schneller als Butyl, aufgrund ihrer Flexibilität allerdings auch anfälliger für Einklemmen zwischen Reifen und Felge.

System der Zukunft - Tubeless?

Durch die Zugabe von Graphen soll hier der Rollwiderstand noch weiter gesenkt werden. Zu sehen ist auch, dass Profi-Teams mittlerweile je nach Rennen nicht ausschließlich Clincher fahren. Der Tubeless besitzt auch noch das größte unausgeschöpfte Potential, was dessen zukünftige Verwendung noch stark beeinflussen kann.

Eigene Meinung bilden

Aufgrund der Vielzahl an hier aufgeführten Gründen, ist eine eindeutige Empfehlung nicht möglich. Jedes der Systeme besitzt seine eigenen Vorteile, die je nach Vorstellung und Prioritäten der Fahrer gegeneinander verglichen und im besten Fall einfach selbst ausgiebig getestet werden sollten. Je nach Präferenzen kann aber jedes Modell und Reifensystem einen guten Trainings- oder Wettkampfreifen darstellen!

MaterialRadfahren

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