Übertraining: Definition, Diagnose und Maßnahmen

Du bist müde, die Trainingsmotivation sinkt. Obwohl du dich vor zwei Wochen noch gut gefühlt hast, kommst du dir vor als hättest du noch nie Sport gemacht? Statt fitter wirst du über längeren Zeitraum nur langsamer? Achtung, das kann ein Übertraining bedeuten! Doch was bedeutet Übertraining und wie geht man damit um?

Definition

Übertraining ist eine lang andauernde Störung des biologischen Gleichgewichts durch entsprechende Trainingsreize.

Diese Definition lebt von drei Begriffen: „Lang“- was in diesem Falle mehr als zwei Wochen bedeutet. „Störung“ – was zunächst mal jede Trainingseinheit ist, da während einer Trainingseinheit „Strukturen“ verändert und Hormone in gehäuftem Maße ausgeschüttet werden. Und dem Begriff „biologische Gleichgewicht“ – der im Folgenden genauer betrachtet wird und sich aus dem Sympathikus und dem Parasympathikus zusammensetzt.

Sympathikus und Parasympathikus

Der Sympathikus steht für Adrenalin, Antrieb, Aktivierung. Also für alles, was uns bewegt und pusht.

Der Parasympathikus hingegen beruhigt und senkt u.a. Puls- und Blutdruck mithilfe bestimmter Hormone und ist damit der Gegenspieler des Sympathikus.

Übertraining kann dieses Gleichgewicht stören, und zwar in beide Richtungen:

Bei Schnellkraftsportarten oder im Triathlon auf Sprint- oder Kurzdistanzen kommt es durch die hohen Intensitäten zu einer Überaktivierung des Sympathikus. Symptome sind unter anderem hohe Nervosität, schlechter Schlaf, erhöhter Puls und erniedrigtes Leistungsvermögen. Anhand dieser Merkmale – immer vorausgesetzt, dass sie sich über mehr als zwei Wochen hinziehen – kann man ein Übertraining diagnostizieren und sollte je nach Schwere etwa ein bis drei Wochen pausieren.

Bei längeren Distanzen wie Mittel- oder Langdistanz ist ein Übertraining eher aufseiten des Parasympathikus zu finden und auch gefährlicher: Kennzeichen sind Müdigkeit, niedriger Ruhe- und Trainingspuls sowie Motivationsverlust. Die Gefahr liegt vor allem darin, Trainingsfortschritt mit Übertraining zu verwechseln. Wenn man auf gewohnter Laufrunde im GA1-Bereich auf einmal deutlich schneller unterwegs ist, gibt das einem für gewöhnlich ein gutes Gefühl, da eine Leistungssteigerung sehr naheliegend ist. Hat man aber gleichzeitig Probleme den Puls in den GA2- oder WSA-Bereich zu bekommen, ist größte Vorsicht angesagt. Ein Übertraining im Bereich des Parasympathikus kann eine sehr langwierige Sache sein und die Heilung Wochen bis Monate, in Einzelfällen sogar bis zu einem Jahr dauern.

Harnstoffwert-Messung zeigt Trainingszustand auf

Neben diesen Kriterien gibt es verschiedene trainingsbegleitende Maßnahmen, anhand derer eine korrekte Diagnose von Übertraining möglich ist: Die Messung des Harnstoffwerts oder des Cortisol-Testosteron-Quotienten.

Im Rahmen eines Athletenlängsschnitts – also die fortwährende, trainingsbegleitende Messung dieser Parameter kann ein Übertraining frühzeitig erkannt werden, noch bevor sich oben genannte Symptome ergeben. Großer Vorteil dabei ist die entsprechend kürzere Auszeit zur Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit.

Aber soweit muss es erst gar nicht kommen, wenn die folgenden Punkte im Training eingehalten werden.

Abwechslung:

Ein abwechslungsreiches Training hält die Motivation hoch, trainiert den Geist und lenkt von den Belastungen ab. Lauft neue Wege, fahrt mit der S-Bahn drei Stationen weiter und startet euer Training in einer anderen Umgebung. Eine weitere Möglichkeit ist sich am Ende eines langen Laufs abholen zu lassen, so kommt man statt der üblichen 15 Kilometer hin und her zu 30 Kilometern Einfachweg und mehr Abwechslung. Abwechslung dient vor allem dazu, psychisches Übertraining zu vermeiden.

Pause und Regeneration:

Nicht umsonst stehen Ruhetage auf dem Trainingsplan. Während der Trainingstage werden die feinen Strukturen im Muskel, das Hormonsystem und diverse weitere Prozesse bewusst gestört. Die Anpassung an diese Reize findet fast ausschließlich in den Ruhetagen, deswegen braucht der Körper auf jeden Fall ein sinnvolles Maß an Auszeit.

Ernährung:

Eine Grundversorgung mit BCAAs (Branched Chain Amino Acids = verzweigtkettige Aminosäuren) ist ein Muss. Sie wirken nicht nur im Proteinstoffwechsel mit, sondern beeinflussen auch gleichzeitig das Glückshormon Serotonin.

Ratschlag:

Wenn man bereits im Übertraining ist, gilt es alle geplanten Ziele zu streichen. Sich frei von allen Ansprüchen an sich selbst und seinen Körper zu machen. Reduziere den Trainingsumfang und versuche, mit Abwechslung wieder die Motivation für den Sport zu finden. Leistungsgedanken gehören erst einmal an den Nagel gehängt bis die Sache vorbei ist. Ausgleichssportarten fördern das schnelle Comeback.

Noch ein Tipp zum Schluss

Ein Eisenmangel kann unter Umständen ähnliche Symptome hervorrufen wie Übertraining. Daher bei einem Verdacht unbedingt ein ärztliches Blutbild machen. Eine eigenmächtige Eiseneinnahme OHNE Mangel kann organschädigend sein.


Titelbild: Ingo Kutsche

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