Triathlonsättel - alles was Du wissen musst

Der Sattel ist der wichtigste und gleichzeitig sensibelste Kontaktpunkt zum Fahrrad. Er hat entscheidenden Einfluss auf die Qualität der gesamten Sitzposition: Kraftentfaltung, Stabilität und Komfort hängen maßgeblich von der Sitzhaltung auf ihm ab. Gerade für die tiefen, aggressiveren Fahrpositionen sind "herkömmliche" Sättel nur bedingt geeignet, da sie zumeist Druckschmerzen auf das empfindliche Gewebe verursachen und damit langfristiges Fahren in diesen Positionen nahezu unmöglich wird. Wir zeigen euch, worauf es beim Sattel ankommt und welche unsere Favoriten für kraftvolles und schmerzfreies Fahren sind.

Stephan Schepe, triathlon.de Bike Fitting Spezialist:

"Im Rahmen unserer Bike Fittings fällt immer wieder auf, dass viele Sättel gerade bei tief gebeugten, sportlichen Fahrpositionen als sehr unangenehm empfunden werden und dann oftmals der limitierende Faktor für eine effektivere Sitzposition sind. Das betrifft vor allem Positionen, die sportlich-aggressiv ausgelegt sind: Zeitfahrmaschine, Rennrad mit Triathlonaufsatz, aber auch die reine Rennradhaltung kann hiervon betroffen sein. Grund dafür ist die sich verändernde Belastungsverteilung auf dem Sattel selbst."  

Sitzhöcker sind nicht das entscheidende Kriterium

Die Sitzhöcker (auch "Sitzknochen" genannt) sind der unterste Teil des Beckens, sie nehmen beim normalen Sitzen problemlos den Großteil der Gewichtsbelastung auf, so auch auf dem Fahrradsattel - jedoch in erster Linie bei verhältnismäßig aufrechter Sitzhaltung. Gängige Methode bei der Sattelauswahl: es wird der Abstand der Sitzbeinhöcker vermessen und auf dieser Grundlage ein Sattel empfohlen, der nur diesen kleinen anatomischen Ausschnitt widerspiegelt, aber die Anforderungen an die gesamtheitliche Sitzpostion außer Acht läßt.

Das Problem: bei sportlichen Rennrad- oder Zeitfahrpositionen werden die Sitzhöcker zunehmend druckentlastet, da sich die Belastungsverteilung durch ein stärkeres Abkippen des Beckens weiter nach vorn verlagert und nun vermehrt auf dem Schambeinbogen und dem "Dammbereich" lastet.

Kurzer Ausflug in die Anatomie: von den beiden Sitzhöckern verlaufen der rechte und linke Schambeinast weiter nach vorn und treffen sich schließlich mittig im Schambeinbogen. Die knöchernen Schambeinäste können in tiefer Sitzhaltung ebenfalls moderat gewichtsbelastet werden, der Schambeinbogen hingegen sollte komplett druckentlastet sein.

Als "Dammbereich" werden die empfindlichen Weichteile bezeichnet, die genau zwischen den Schambeinästen liegen. Hier verlaufen eine Vielzahl an Nerven- und Blutbahnen, die unter Gewichtsbelastung druckempfindlich reagieren und Taubheitsgefühle auslösen können.

Bei einem Standardsattel ergibt sich dabei oftmals folgendes Szenario:

Die Gewichtsbelastung wird mit zunehmender Kippung des Beckens nicht mehr wie beschrieben von den Sitzhöckern auf der hinteren, zentralen Sitzfläche aufgenommen.

Stattdessen rollt das Gesäß über die Schambeinäste nach vorn ab - diese haben jedoch keine Auflagefläche mehr auf dem Sattel, sondern liegen dann zumeist seitlich neben der schmal zulaufenden Sattelnase. Als Folge liegt der Dammbereich auf der schmalsten Stelle des Sattels auf und trägt damit das gesamte Gewicht. Diese Belastung kann auch von der besten Radhose nicht mehr kompensiert werden.

Konsequenz: Da sich die Belastungsverteilung auf dem Sattel in tieferen Sitzpositionen vorrangig in Richtung empfindlicher Gewebestrukturen verschiebt, sollten passende Sättel diese anatomischen Besonderheiten berücksichtigen. Im Folgenden stellen wir euch die besten Sattelmodelle vor, die folgende Kriterien berücksichtigen:

  • tiefe, aerodynamische Sitzhaltung unter Gewährleistung größtmöglicher Druckentlastung
  • biomechanische Verbesserung der Kraftübertragung in der Aero-Haltung durch vorverlagerte Sitzfläche  
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Rennradposition, Standardsattel

Aeroposition, Standardsattel

Aeroposition, Triathlonsattel


ISM PS 1.1

ISM ist seit vielen Jahren Spezialist für zeitfahrspezifische Sättel. Gemeinsam mit Urologen wurde ein innovatives Sattelkonzept erarbeitet, das sich im Triathlon vor allem aufgrund der Druckentlastung in der aggressiveren Aero-Position durchgesetzt hat. ISM ist die beim Ironman Hawaii bereits seit Jahren meistgefahrene Sattelmarke (Quelle: Kona Bike Count).

Die zunächst ungewöhnliche Formgebung mit der geteilten Sattelspitze ist aufgrund der geschilderten Druckbelastung in der Aero-Position durchaus sinnvoll: das nach vorn geneigte Becken liegt mit den beiden Schambeinästen genau auf den "Hörnchen" des Sattels, das Gewicht wird über eine größere Auflagefläche gleichmäßig verteilt. Das weiche Gewebe ist zwischen den Auflageflächen damit komplett druckentlastet, der Schambeinbogen liegt ebenfalls druckfrei vor der Sattelspitze. Die breitere, geteilte Sattelspitze fühlt sich beim ersten Probesitzen zunächst ungewohnt an, jedoch spielt der Sattel seine Stärken in langandauerner Aerohaltung durch die Vorverlagerung der gesamten Sitzposition und des großen Sitzkomforts aus.

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FIZIK TRANSIRO MISTICA  

Fizik hat dieses Konzept beim Mistica noch etwas modifiziert: das Besondere ist seine kurze, nasenlose Formgebung. Der Sattel ist dafür gemacht, auf der vorderen Sattelhälfte zu sitzen bzw. zu liegen, da sich die Weichteile, die normalerweise auf der spitzen Sattelnase aufliegen würden, in diesem Fall komplett vor der stumpfen Sattelspitze befinden und dort keinerlei Druckbelastung erfahren. Auch hier ruht das Gewicht auf den Schambeinästen und wird großflächiger verteilt. Eine leichte Aussparung in der Sattelmitte soll für zusätzliche Entlastung sorgen. Das rutschfeste Obermaterial sorgt außerdem für guten Halt auf dem Sattel, ohn dass man sich immer wieder in Position schieben muss.

Besonders für Triathlon wertvoll: im Zubehör des Sattels ist bereits eine Flaschenhalteraufnahme zur Befestigung von wahlweise einem oder zwei Flaschenhaltern hinter dem Sattel enthalten.

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SELLE ITALIA IRON EVO    

Der Iron Evo wurde in Zusammenarbeit mit dem doppleten Hawaii-Champion Patrick Lange mit dem Ziel einer lang andauernden optimalen Sitzhaltung entwickelt. Auch hier lässt die Formgebung klar auf die Funktionalität schließen. Die breite Aussparung in der Mitte dient der Druckentlastung des empfindlichen Gewebes und setzt sich bis zur geteilten Sattelspitze fort. Die Sitzposition ist damit für eine Verbesserung der Kraftübertragung in der Aeroposition klar nach vorn verlagert. In einer aufrechteren Fahrposition (z.B. Bergauf) kippt das Becken wieder zurück, der Hüftwinkel öffnet sich und die Sitzhöcker liegen dann zentral auf den breiten Teil des Sattels auf.  

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PRO AEROFUEL 

Der Aerofuel enspricht in seiner Form noch am ehesten dem "klassischen" Satteldesign. Allerdings ist auch hier die breite Entlastungsschiene das entscheidende Merkmal für eine sportlich-aggressive Sitzpostition. Die kurze, ebenfalls stumpfe Sattelnase ist praktisch nicht spürbar in der tief gebeugten Haltung. Auch der Aerofuel vereint dadurch den Anspruch an eine aerodynamisch gut fahrbare Position und Optimierung der Kraftübertragung unter bestmöglicher Belastungsverteilung auf sehr gute und konsequente Weise miteinander.

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Welcher Sattel ist der Richtige für mich?    

Das weißt Du erst, wenn Du drauf sitzt. Jeder Hintern ist anders - kleinste anatomische Unterschiede können großen Einfluss auf die individuelle Wahrnehmung eines Sattels haben. Wenn sich also Dein Trainingskollege auf seinem Sattel besonders wohlfühlt, heißt das nicht unbedingt, dass auch Du mit diesem Modell zurecht kommst, zumal auch die individuelle Sitzposition variiert. Deshalb empfehlen wir: testen!  

  • Unser Testkonzept

Ab sofort bieten wir Dir die Möglichkeit, einen oder gleich mehrere Sättel auszuleihen und eine Woche lang ausgiebig zu testen.    

MaterialRadfahren

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